Freie Information

aus dem Freie-Gesellschaft-Wiki
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Ein wesentliches Standbein von Herrschaft ist Informationskontrolle.

Informations- versus Meinungsproduktion

In kommerziellen Medien erscheinen meist nur bestimmte "Kategorien" von Menschen als InformationsproduzentInnen, während andere lediglich als MeinungsproduzentInnen auftauchen. Beispielsweise werden Unternehmensleitungen als Instanzen präsentiert, die Informationen kundtun, während MitarbeiterInnen von Unternehmen lediglich Meinungen äußern.

Ein Wiki wie dieses ist eine Struktur, die diese Hierarchie aufhebt. Konkret vorgestellt:

Ein offenes Wiki beziehe sich auf ein Unternehmen. Darin schreiben "einfache" MitarbeiterInnen Texte, die der Unternehmensleitung nicht unbedingt gefallen. Nun könnten VertreterInnen der Unternehmensleitung ebenfalls Texte in das Wiki schreiben. Doch damit würden sie erstens das offene Wiki fördern und zweitens sich mit den "einfachen" MitarbeiterInnen auf eine Stufe stellen. Die Erfahrung zeigt, dass Unternehmensleitungen so etwas nicht machen. Sie verlieren damit die Kontrolle über die Information.

Voraussetzung für eine Entwicklung der freien, vergesellschafteten Informationsproduktion schon unter Herrschaftsbedingungen ist der durch die Internettechnik ermöglichte Wegfall der Zwischeninstanz "Informationsdistribution", d.h. etwa der Wegfall von Redaktionen, die zwischen "Informationsquelle" einerseits und "InformationsempfängerInnen (Öffentlichkeit)" andererseits vermitteln.

Begriffsproduktion

Unter Bedingungen der Informationskontrolle gelingt es, Begriffe in dominanten Diskursen zu verkürzen.

Beispiel: das "Krankenhaus" als "Wirtschaftsunternehmen" hat erfolgreich dafür gesorgt, dass im dominanten Diskurs Krankenhäuser als Einrichtungen erscheinen, die "Verluste" machen können. Dies war nicht immer so. Krankenhäuser konnten einmal ebenso wenig "Verluste" machen wie etwas die Bundeswehr. Durch die Etablierung des Begriffs von Krankenhäusern als "Wirtschaftsunternehmen" trat eine Verkürzung ein, die dafür sorgte, dass das, was durch die Privatisierung von Krankenhäusern verloren geht, nur noch mit Schwierigkeiten allgemeinverständlich sagbar ist. Dies, was nur noch schwer sagbar ist, lässt sich schlecht verteidigen.

Es wäre nötig, um Begriffe zu kämpfen und kollektiv neue Begriffe zu produzieren.

Wie das möglich sein könnte, soll anhand des Beispiels von Temporallappen-EpileptikerInnen erläutert werden. Vor dem Internet waren Temporallappen-EpileptikerInnen vereinzelt. Die speziellen Effekte, die Läsionen der Gehirnregion "Temporallappen" hervorrufen, wurden formuliert in der Form des "als ob". Temporallappen-EpileptikerInnen sagen beispielsweise: "Es ist, als ob mir ein Handtuch auf den Kopf fällt." - "Es ist, als ob die Wände auf mich zufallen." - "Es ist, als ob mir der Himmel auf den Kopf fällt" (Majestix in Asterix & Obelix)
Das heißt: die speziellen Effekte von Temporallappenläsionen tragen bislang den Charakter des Irrealen. Dies hängt mit der Vereinzelung zusammen. Realität ist, was zwischen Menschen entsteht. Die speziellen Effekte von Temporallappenläsionen sind dabei ebenso wahrnehmbar wie etwa Farben. Kinder üben die soziale Verständigung ihrer Farbwahrnehmungen ein, indem sie etwa das Spiel "Ich sehe was, was du nicht siehst" spielen. Im Resultat können sie auf Gegenstände zeigen und sagen: "Das ist grün." - als wäre Grün eine Eigenschaft des Gegenstandes und keine subjektive Sinneswahrnehmung, die sie selbst produzieren. Ähnliches wäre mit den Effekten von Temporallappenläsionen möglich. Wichtig dabei ist, dass genügend Temporallappen-EpileptikerInnen bei dem "Spiel" mitmachen, was durch das Internet jetzt möglich geworden ist. Erste Ansätze für autonome (von NeurologInnen unabhängige) Begriffsbildungen finden sich in englischsprachigen Epilepsieforen.

Ab einer gewissen "kritischen sozialen Masse" von KommunikationsteilnehmerInnen entstehen Realbegriffe. Solche Begriffe haben den Vorteil, dass sich mehrere Menschen auf etwas als gemeinsam Zugängliches beziehen und es und sich selbst daran kollektiv verändern können.